Spezialisten
Eine weitere Sondergruppe unter den ausgesiedelten Deutschen bildeten die so genannten Spezialisten. Es handelte sich um Angestellte, die in einigen Fachgebieten und Betrieben erforderlich waren, um die Produktion zu erhalten. Im Mai 1945 waren in Industriebetrieben in Grenzgebieten etwa 410 000 Menschen angestellt, davon etwa 290 000 Deutsche. Der Mangel an Arbeitskräften war eindeutig die Folge der Vertreibung der Deutschen aus den Grenzgebieten. Besonders bedroht waren einige Fachgebiete, die für den tschechoslowakischen Export wichtig waren, das heißt die Produktion von Spezialwaren, wie zum Beispiel geschliffenes und bemaltes Glas, Bijouterie, Musikinstrumente, Spielzeuge, Papierwaren usw. Aus diesem Grund wurden seit Ende 1945 Anweisungen erlassen, die die Abwanderung von Fachleuten und Spezialisten verhindern sollten und man fing an, Listen der unentbehrlichen Arbeitskräfte zu erstellen und zu überprüfen. Diese so genannten Spezialisten sollten von der Aussiedlung ausgenommen werden und einige Begünstigungen erhalten. Laut der Verordnung vom 27. Mai 1946 sollten die als unentbehrlich anerkannten Personen Schutzausweise bekommen. Sie durften Häuser und Haushaltseinrichtung nutzen, sie hatten Anspruch auf dieselben Lebensmittelrationen wie die anderen Angestellten auf derselben Ebene, sie durften sich im Zusammenhang mit der Arbeitausübung frei bewegen, öffentliche Verkehrsmittel benutzen und falls sie von ihrer Familie getrennt wurden, durften sie diese einmal im Monat besuchen. Sie sollten zudem denselben Lohn erhalten wie die anderen Angestellten. Diese Begünstigungen wurden aber oft im konkreten Fall nicht eingehalten. Deutsche wurden aus ihren Wohnungen und Häusern unberechtigterweise ausgewiesen, ihr Besitz und Lebensmittelkarten wurden in Beschlag genommen. Dies war auch ein Grund dafür, dass viele Spezialisten die Möglichkeit der Aussiedlung dem Aufenthalt in der Tschechoslowakei vorzogen. Hinter der Grenze hatten sie auch als Fachmänner bessere Einkommensbedingungen.
Im Bezirk Prachatitz war es erforderlich, die Fachmänner in den Industriebetrieben in Winterberg, in der Glashütte in Eleonorenhain (Lenora) und in der Forstwirtschaft zu behalten. Im Kreis Winterberg arbeiteten die deutschen Spezialisten beispielsweise in der Druckerei Steinbrener, in der Glashütte Adolfov (Adolfshütte) oder in der Wäschefabrik Konopra. Eine große Zahl an Spezialisten wurde in der Glashütte in Eleonorenhain angestellt, was die tschechische Minderheit nur mit Unbehagen ertrug. Dieses Problem wurde durch die Versetzung der Glasarbeiter/-innen ins Innland gelöst.